Südfrankreich – La Maison Noilly Prat

Wien – 13 Grad… Die Frisur hält! Einzig die Stimmung will nicht so recht auf Temperatur kommen. Kein Wunder auch, war der Sommer, ja richtig: welcher Sommer, wenig berauschend, so stellt sich mit unverblümter Härte gleich der Herbst ein und wirft seine Schatten auf die Hauptstadt.

Was gibt es da passenderes, als nach Südfrankreich abzutauchen und die wohlig wärmenden Sonnenstrahlen zu genießen, zart begleitet von den berühmten Austern, die frischer nicht sein könnten, und natürlich dem quasi “Lokalhelden” Noilly Prat.

Es ist ein faszinierendes Fleckchen Erde, das Languedoc Roussillon, besonders Gourmets und Gourmands können hier in einer nahezu endlosen Vielfalt an Spezialitäten und Genussmomenten schwelgen.

Hier findet man Schätze wie Cassoulet, Brandade, oder Anchoiade, im Mittelmeer tummeln sich delikate Speisefische und Muscheln, riesige Austernbänke säumen die Wasserfläche.
Der würzige Roquefort aus Schafsmilch ist ebenso dem Languedoc Roussillon zuzurechnen wie der Bleu de Causses, ein milderer Kuhmilchkäse, dazu ein Überangebot vollreifer Früchte, Gemüse und aromatischer Kräuter.
Dominieren in den hügeligen Waldregionen noch Wild, Edelkastanien und Bohnen, wird etwas weiter südlich in den Ebenen bei Perpignan schließlich der katalanische Einfluss immer stärker. Das Gesamtkunstwerk ist ein Gemälde geprägt vom Wechselspiel maritimer Prägung und rauer Gebirgslandschaft, filigran mediterran umspielt von deftig würziger Opulenz.

In Marseillan am kleinen Hafen sitzend, begleitet man all dies mit einem Glas eiskalten Noilly Prat, dessen Originalrezept und reiche Historie ins Jahre 1813 zurück reichen. Joseph Noilly formulierte damals den ersten französischen Wermut, sein Sohn Louis schließlich prägte den Prozess, Picpoul und Clairette in einem von Steinmauern begrenzten Areal, L’Enclose, fasszulagern.
Der Zusammenschluss mit Schwiegersohn Claudius Prat führte zur Gründung von Noilly Prat & Cie.
Stolz schwärmen die Einheimischen heute von „ihrem Noilly“, der in der ganzen Welt bekannt ist und natürlich auch in dem malerischen Örtchen selbst zu jeder Gelegenheit getrunken wird.
Jean Louis, Maitre de Chai, erklärt wie die gereiften Grundweine mit Mistelle und Weinbrand verschnitten werden, anschließend mazeriert man Kräuter, Zitrusschalen, Rhizome, Rinden und Gewürze über einen Zeitraum von drei Wochen. Dabei rührt man täglich von Hand die großen Holzfässer, dodinage genannt.

Der Original Dry ist in der Sterneküche ebenso geschätzt wie an den Treser dieser Welt. Kein Bartender würde für seinen trockenen Martini Cocktail auf Noilly Prat verzichten. Seit dem späten 19. Jahrhundert wird er in die USA exportiert und von dort eroberte er die Cocktailkarten zuerst der Neuen, anschließend auch der Alten Welt.

Wie viel Liebe, Handwerkskunst, Zeit und Muße in ein Produktion des Vermouths gesteckt wird, kann man in Marseillan unmittelbar spüren und erleben. Es macht dankbar, bescheiden und glücklich zu sehen, wie sehr man hier noch auf das Kleine, Feine und Wenig-Industrialisierte Wert legt. Und all das schlägt sich auch in der Qualität in der Flasche nieder. Zu Recht ist Noilly Prat somit in nahezu jeder Bar zu finden, eines der GO-TO Produkte der Bartender auch im 21. Jahrhundert und einer der großen Weine der Geschichte.

Nach soviel südfranzösischem Charme, wunderbarem Essen und Sonne tut es weh, diesen Ort zu verlassen… Aber es bleibt ja die Gewissheit und Sicherheit, dass man stets zurück kommen kann in dieses Land der Genüsse, Austern schlürfend und mit einem Glas Noilly Prat in Händen.

Mit den besten Spirits aus Marseillan,
euer Reinhard