Consultancy oder Consultan-Sie nicht?

21112013KALEIDO

Hat man sich in der Bar-, Spirituosen- oder Fine Dining Welt mittels viel Einsatz und harter Arbeit ein Netzwerk aufgebaut und einen Namen gemacht, so führt für viele Top Bartender und Spitzenköche der Weg final in den Consulting Bereich. Eine Fülle an Business in großem Stil, mittleren Unternehmen und kleinen One-Man-Shows wirft mit Rat und Tat um sich, begleitet neue Lokale bei der Startphase, versucht Mitarbeiter auf das nächste Level zu trainieren und stopft Löcher, wo immer sie auftreten. Ein derart dichtes Angebot an Beratungsfirmen oder schlauen Köpfen ist beachtlich, hat sich aber im deutschsprachigen Raum nie derartig entfalten können. Warum und wieso ist eine interessante Frage; ich denke, dass hier ein paar Faktoren ins Spiel kommen, die ich aber nicht werten möchte.

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Ein ganz offensichtlicher Grund ist wohl, dass ob der Größe Londons und der Bedeutung seiner Food & Beverage-Landschaft die Auswahl und Dichte an Bars und Restaurants viel höher ist. Folglich ist auch das Potenzial für beratende Tätigkeiten schon von vorne herein ein gänzlich anderes.Das heißt nicht unbedingt, dass die Jungs von Top Bar A in Top Bar B wandern und über einen halbperfekten Martini oder Manhattan lästern und sich gegenseitig schlaue Tipps verkaufen wollen. Oft sind es Gastro-Imperien, die für ihre multiplen Filialen ein angemessenes Drinkkonzept oder Staff-Training wünschen, etablierte Häuser sehnen sich nach frischem Wind oder unerfahrene Neulinge nach erfahrener Begleitung.

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Auch in anderen Ländern und kleineren Städten wäre massig Potenzial an Hilfestellung bei der Optimierung von Arbeitsabläufen, Kalkulation und Wirtschaftlichem gegeben, das aber nicht ausgeschöpft wird. Vielleicht hängt die Scheu ja damit zusammen, dass ein gewisser Stolz viele Gastronomen davon abhält, sich Unterstützung von außen zu holen, manchmal ist es auch einfach „Betriebsblindheit“, die sich wie ein grauer Star über die Jahre einschleicht. Consulting heißt nicht „alles besser wissen“ oder herumnörgeln und dann dafür Geld sehen wollen. Sicherlich gibt es da auch schwarze Schafe und wahrlich, nicht alles was sich heute Berater und Consultant schimpft, sollte dieser Seite unseres Berufes Verunglimpfung angedeihen lassen. Aber die Mischung aus Know-how, Erfahrung, neuen Ideen und dem ehrlichen Wunsch, etwas davon weitergeben zu wollen, ist nicht nur wichtig für unseren geliebten Berufsstand, sondern sollte auch erfolgreich umgesetzt werden.

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Viele Bartender sehen die einzige Wahrheit „behind the stick“ darin, bis ans Ende der Karriere Shaker und Rührlöffel zu schwingen und in einer renommierten Bar oder dem eigenen, Wirklichkeit gewordenen Tresentraum, direkt am Gast zu arbeiten. In einer psychisch und physisch äußerst anspruchsvollen Branche sehen aber andere, die einen erfolgreichen Weg bestritten haben, ihre Zukunft und Altersvorsorge darin, sich etwas von der Front zurückzuziehen und im Hintergrund oder „Tagesgeschäft“ operative Fäden zu ziehen. Ehrlich, ich finde beide Seiten verdienen Respekt und Beachtung und solange man mit Liebe, Herz und Leidenschaft der grandiosen Welt von Spirituosen und Barmagie dienen möchte, hat jeder Weg seine Berechtigung.

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Nach turbulenten – im positiven Sinne – und unglaublich ereignisreichen Erlebnissen auf meiner „spirits journey“, der Chance, in der legendären American Bar des Savoy zu arbeiten und dem stetigen Aufbau eines dichten „Netzwerks“ in der wohl weltweit führenden Barstadt, kann ich dank meiner Tätigkeit für und mit den London Bar Consultants Dinge sehen, lernen und umsetzen, die mich mein Leben lang begleiten werden. Drink Menues gestalten, Signature Drinks für global operierende Konzerne krieren, Staff Trainings, wie beispielsweise für Raymond Blanc, Workshops, Master Classes, Tastings, die Neugestaltung von Whisky- und Spirituosenselektionen verschiedenster Bars, wirtschaftliches Know How – diese Branche umfasst schlichtweg ein Riesenspektrum an Möglichkeiten. Viel zu sehen, viel zu lernen und viel weiter zu geben, ist ein fundamentaler Bestandteil von dem, was wir alle tun, lieben und wofür wir kämpfen.
A spirits journey eben…

Bis bald und mit den besten Spirits

Euer Reini